Gedächtnis

"Mein Vater sprach oft von einem Besucher, war sich aber nie sicher, wer das war. Deshalb habe ich ihm ein Gästebuch gegeben und Besucher gebeten, sich einzutragen. Es stellte sich heraus, daß die geheimnisvolle Person sein ambulanter Helfer war."

"Es gab Nächte, in denen er uns durch sein Klavierspiel aufweckte. Er erkannte seine eigenen Kinder nicht, aber er konnte noch die schwierigsten Stücke spielen. Bei solchen Gelegenheiten zweifelte ich an meinem eigenen Verstand."

"Manchmal kehrt mein Lebenspartner in Gedanken zu der Zeit zurück, als er noch berufstätig war und ist darauf bedacht, rechtzeitig zur Arbeit zu kommen. Zunächst habe ich ihm immer gesagt, daß er gar nicht mehr arbeitet, aber er beharrte auf seiner Meinung und wir gerieten in Streit. Jetzt versichere ich ihm, daß alles in Ordnung ist, und daß er heute nicht zur Arbeit gehen muß."

Gedächtnisstörungen sind eines der häufigsten Symptome der Alzheimer-Krankheit. Oft sind sie das erste Warnzeichen, das die Patienten auf ein Problem aufmerksam macht und sie veranlaßt, einen Arzt aufzusuchen. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, daß die Gedächtnisleistung ganz allmählich und nicht plötzlich verlorengeht.

Es gibt verschiedene Arten von Gedächtnisstörungen. Bei der Alzheimer-Krankheit ist die Speicherung von neuer Information am stärksten betroffen. Der Abruf von alten Erinnerungen kann noch viele Jahre nach dem Krankheitsbeginn relativ gut erhalten sein. Vielleicht haben Sie festgestelt, daß Demenzkranke sich zwar daran erinnern können, was sie vor vielen Jahren einmal gemacht haben, aber vergessen, daß sie gerade zu Mittag gegessen haben. Vielleicht ist Ihnen auch aufgefallen, daß sich die Gedächtnisstörungen bei Alltagsaufgaben und sogar bei normalen Gesprächen störend bemerkbar machen. Eines der Merkmale der Gedächtnisstörung ist die Unfähigkeit zu lernen.

Einige Aspekte der Gedächtnisstörung können für Sie sehr unangenehm sein, beispielsweise wenn der Patient Ihren Namen vergißt, oder sogar gefährlich (wenn der Patient vergißt, die Herdplatte auszuschalten). Die Gedächtnisstörungen sind aber auch für die Patienten äußerst belastend. Sie können der Grund dafür sein, daß sie völlig durcheinanderkommen, daß sie sich gedemütigt und beschämt fühlen. In den frühen Krankheitsstadien versuchen manchen Patienten, die Folgen ihrer Gedächtnisstörungen aus Peinlichkeit oder aus Scham zu vertuschen. Im weiteren Krankheitsverlauf sind sie sich über ihre Gedächtnisprobleme zwar nicht mehr ganz so bewußt, leiden aber immer noch an deren Folgen wie Frustration und Verlust der Unabhängigkeit. Glücklicherweise können die Angehörigen den Patienten wichtige praktische Hilfestellungen geben. Damit lassen sich die negativen Folgen der Gedächtnisstörungen vermindern. Vielleicht stellen Sie sogar fest, daß Sie sich dem Kranken stärker verbunden fühlen und intensiver an seinem Leben teilhaben. Es ist aber wichtig die Tatsache anzunehmen, daß sich Ihr Alltag ändern wird. Nichts wird mehr so sein, wie es war.

Wie Sie mit Gedächtnisstörungen umgehen

Bewahren Sie eine positive Einstellung und beruhigen Sie den Patienten
Wenn Sie versuchen, ein Problem zu lösen, das durch Gedächtnisstörungen verursacht wird, denken Sie bitte nicht nur an die aufgetretene Fehlleistung oder Schwierigkeit, sondern auch daran, wie sich der Demenzkranke als Folge davon fühlt. Wenn man zum Beispiel nicht mehr weiß, wo die Tassen aufbewahrt werden, ist das kein großes Problem, weil jemand schnell zeigen kann, wo sie sind. Aber der Patient kann sich bloßgestellt, wertlos, wütend oder frustriert fühlen. Andere Formen der Gedächtnisstörung können von unterschiedlichen Gefühlen begleitet werden. Manchmal haben Sie vielleicht den Eindruck, daß sich der Kranke bewußt ungeschickt oder gedankenlos benimmt. Halten Sie sich bitte vor Augen, daß das Verhalten eine Folge der Krankheit ist.

Lenken Sie keine unnötige Aufmerksamkeit auf Fehlleistungen
Oft ist es unnötig, Aufmerksamkeit auf Fehlleistungen zu lenken. Wenn Sei beispielsweise ein Gespräch mit einem Demenzkranken führen, verwendet dieser vielleicht ein falsches Wort, weil er sich an den passenden Ausdruck nicht erinnert. Vielleicht neigen Sie in einer solchen Situation dazu, den Patienten zu korrigieren oder tun das sogar ganz automatisch. Wenn Sie aber verstanden haben, was er sagen wollte, ist das gar nicht nötig, sondern wird ihn nur vor den Kopf stoßen, beschämen oder wütend machen.

Erinnerungshilfen und Notizen
Es kann hilfreich sein, besonders in den frühen Stadien der Krankheit, den Demenzkranken gelegentlich daran zu erinnern, was von ihm erwartet wird, was um ihn herum vorgeht und mit welchen Personen er zusammen ist. Man darf dieses Erinnern aber nicht übertreiben, so daß es unnatürlich wird, unnötige Aufmerksamkeit auf das Problem lenkt oder Peinlichkeit erregt. Zusätzlich zu Hinweisschildern kann der Gebrauch von Merkhilfen nützlich sein. Dazu gehören Tagebuch, Notiztafel, Schilder an der Tür, Zettel am Türrahmen, Kalender (mit angekreuzten Tagen), Uhren (mit klarem Zifferblatt und lautem Tickgeräusch), Fotos (mit Namen darunter) oder ein Gästebuch.

Wie Sie Probleme durch Gedächtnisstörungen vermeiden

Gleichbleibende Umgebung und strukturierter Tagesablauf
 Weil Demenzkranke aufgrund von Gedächtnisstörungen ihre Lernfähigkeit verlieren, ist es am besten, die Situation oder die Umgebung mit ihren Bedürfnissen abzustimmen anstatt zu versuchen, ihnen beizubringen, wie sie sich an ihre veränderten Fähigkeiten anpassen können. Wenn zum Beispiel ein Demenzkranker vergißt, den Wasserhahn zuzudrehen, könnten Sie eine Vorrichtung anbringen lassen, die bei jedem Öffnen immer nur eine bestimmte Menge Wasser abgibt. Versuchen Sie aber, diese Veränderungen auf ein Minimum zu begrenzen und konzentrieren Sie sich darauf, eine stabile Umgebung zu schaffen, auf die sich der Patient verlassen kann. Ein strukturierter Tagesablauf kann dem Patienten die Bewältigung des Alltags erleichtern. Es klingt langweilig, wenn immer alles in derselben Reihenfolge gemacht werden soll, aber bei Demenzkranken ist das eine Vorbeugung gegen Angst oder Verwirrtheit und hilft ihnen, ihre Zeit und Energie auf andere Dinge zu konzentrieren.

Informationen über Gedächtnisstörungen in speziellen Situationen
Viele Schwierigkeiten von Demenzkranken hängen mit der Gedächtnisstörung zusammen, zum Beispiel wenn sie vergessen sich zu waschen, zu essen, sich anzukleiden, oder wenn sie nicht mehr wissen, wo die Toilette ist. Deswegen wird auf diese Schwierigkeiten in den folgenden Abschnitten eingegangen.

source: alzheimer-europe.org/die Alzheimer Krankheit - 20.07.2007